Von der Technischen Nothilfe zum Technischen Hilfswerk

Otto Lummitzsch (1886 – 1962)

Ingenieur – Pionieroffizier – Organisator technischer Hilfe für den Notfall

Das zweite Deutsche Kaiserreich wird 1871 im Spiegelsaal von Schloss Versailles gegründet. Die anschließende Phase wirtschaftlicher Blüte wird als die „Gründerzeit“ in die Geschichte eingehen. Mitten in diese Gründerjahre wird Otto Lummitzsch am 10. Februar 1886 hineingeboren.

Im Laufe seines Lebens wird er fünf politische Systeme kennenlernen:
1.) das Wilhelminische Kaiserreich,
2.) die Weimarer Republik,
3.) die NS-Diktatur,
4.) die frühe Nachkriegszeit unter alliierter Militärverwaltung und
5.) die junge Bundesrepublik.

Wilhelminisches Kaiserreich

Als Sohn eines schlesischen Rittergutsbesitzers und Landmaschinenhändlers zählt er zum gehobenen Bürgertum, Abitur und Ingenieurstudium inklusive.

Das gehobene Bürgertum stellt die große Mehrheit „des Kaisers treuen Untertanen“, patriotisch-konservative Grundeinstellung inklusive. Mit Begeisterung und Stolz verfolgt man die technischen Meisterleistungen „Made in Germany“, von der Flottenaufrüstung bis hin zur „Dicken Bertha“ aus der Krupp’schen Waffenschmiede.

Als Architekt und Bauingenieur liegt für den jungen Lummitzsch die Laufbahn des Pionieroffiziers nahe, die er auch bis zum Ende des 1. Weltkriegs ausüben soll.
Diese „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“ prägt sein 28stes bis 32stes Lebensjahr.

Den festgefahrenen Stellungskrieg mit seinen bis dato unvorstellbaren Materialschlachten versuchen die kriegsführenden Parteien mit neuen furchtbaren Waffen in Bewegung zu bringen, seien es die Flammenwerfern oder die Kampfgase. Lummitzsch selbst dient als Stabsoffizier in einem „Gasregiment“.

Weimarer Republik

Nach Jahren unvorstellbaren Schreckens an den Fronten begegnen die Kriegsheimkehrer einem bis dato unvorstellbaren Hass zwischen den Parteien einer auseinanderfallenden Gesellschaftsordnung. Des Kaisers treue Untertanen müssen Demokratie erst noch lernen.

Revolutionäre Unruhen, Hungersnot, Generalstreiks, das Schreckgespenst einer Bolschewisierung nach sowjetischem Vorbild, Arbeits- und Perspektivlosigkeit, eine Hyperinflation, die Geldvermögen in kürzester Zeit vernichtet, u. v. m. bilden an der Wiege der Weimarer Republik ein explosives Gemisch.

Eine Technische Abteilung (TA) des Militärs muss geschaffen werden, welche die schlimmsten Auswüchse abmildern und die Sicherung der technischen Grundbedürfnisse zur Bewältigung des Alltags gewähren soll. Für die Bewältigung technischer Herausforderungen zuständig sind in erster Linie die Pioniere. Lummitzsch ist als Pionier Mitbegründer der TA. Doch die TA muss in Folge der Bestimmungen des „Vertrags von Versailles“ bald aufgelöst werden. Eine „Technische Nothilfe“ (TeNo) unter dem Dach des Reichsinnenministeriums tritt als Freiwilligenorganisation die Nachfolge an; ihr Gründer und Leiter: Otto Lummitzsch.

NS-Diktatur

Otto Lummitzsch ist seit 1920 mit seiner halbjüdischen Gattin Käthe, geb. Heilbronn, verheiratet. Als er sich 1934 nicht von dieser scheiden lassen will, entheben ihn die willfährigen Helfer des verbrecherischen NS-Regimes seines Amtes. Bis 1946 engagiert er sich in führenden Positionen bei der AEG und den Drägerwerken, ab 1946 als freier Ingenieur.

Die TeNo wird 1936 letztendlich in die Zuständigkeit des Hauptamtes Ordnungspolizei der Dienststelle Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei überführt. Ihr widerfährt ein den deutschen Feuerwehren in vielen Aspekten vergleichbares Schicksal. Ihre Hilfeleistungspotentiale werden seitens der NS-Diktatur skrupellos in die Führung ihres verbrecherischen Angriffskrieges eingebunden. Mit dem Ende des 2. Weltkrieges endet auch die Geschichte der TeNo.

Die BRDeutschland

1949 entstehen auf dem nach Abtretung der Ostgebiete verbliebenen Territorium des Deutschen Reichs zwei deutsche Teilstaaten: die BRD und die DDR.

Auch wenn es keine TeNo mehr gibt, so sind doch die Aufgaben für eine solche Organisation unverändert geblieben. Im Westen kommt wieder Otto Lummitzsch zum Zug. Bundesinnenminister Gustav Heinemann beauftragt ihn 1950 mit der Organisation eines Technischen Hilfswerks und Lummitzsch beginnt erneut zu organisieren.

Die Geschichte der alten Bundesrepublik endet am 3. Oktober 1990 mit der Selbstauflösung der DDR und deren Anschluss an die Bundesrepublik.

Unter dem Motto „Die THW-historische Sammlung – ein Brückenbauer zwischen Vergangenheit und Gegenwart“ bildet sich nur sechs Jahre später eine eigene Abteilung zur geschichtlichen Aufarbeitung der Institution THW. 25 Jahre später erwächst aus der zunehmenden Kooperation zwischen dem Deutschen Feuerwehr-Museum in Fulda und der THWhS das Projekt eines gemeinsamen Museums.

Mit dieser kleinen Sonderausstellung aus den Beständen der THWhS hat ein erstes konkretes Forschungsprojekt seinen Anfang genommen.

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