Sie waren eher selten und zeugten vom Einfallsreichtum und Engagement kleinerer ländlicher Feuerwehren: in eigener Regie gebaute Behelfs-TSA. Nur selten und eher beiläufig kann man in Festschriften auf Notizen stoßen, welche vom Umbau alter Handdruckspritzen zu einem Transportanhänger für eine Tragkraftspritze in den 1930er Jahren berichten. Diese Behelfslösungen waren ein reines Produkt finanzieller Not, wenn es einer kleineren Gemeinde zwar gelang, die Mittel für den Ankauf einer Tragkraftspritze zu erwirtschaften, nicht jedoch für den gleichzeitigen Ankauf eines dazu passenden, industriell gefertigten Tragkraftspritzenanhängers (TSA). Im ersten Halbjahr 2011 hat das DFM ein solches Gerät rekonstruiert.
Was lag in einem solchen Fall näher, als in Eigenregie das Fahrgestell der mit dem Ankauf einer TS überflüssig gewordenen Handdruckspritze zu einem Transportanhänger umzubauen. Ein Schmied, ein Schreiner und andere Handwerker waren auf dem Dorf fast ohnehin durchwegs Kameraden der örtlichen Wehr. Auch ein Altmetallhändler, welcher bereit war, für das Buntmetall des ausgebauten Pumpwerks und die Eisenteile des Druckbaums und seiner Halterungen einen guten Preis zu zahlen, war leicht zu finden.
Als es in den Wirtschaftswunderjahren nach dem 2. Weltkrieg wieder aufwärts ging, konnten diese Produkte handwerklicher Innovation rasch durch einen lang ersehnten "ordentlichen" TSA ersetzt werden. Nach dem derzeitigen Kenntnisstand hat sich in Deutschland kein einziges derartiges Behelfsgerät erhalten. 1990 Jahre hatte Gerd Schrammen, Archivar des DFM, im ehemaligen niederschlesischen Grenzgebiet einen solchen Behelfs-TSA fotografiert, der vermutlich auf Basis einer ehemaligen Handdruckspritze des renommierten Feuerwehrgeräteherstellers Fischer-Görlitz entstanden war. Schon damals befand sich das Gerät in einem eher traurigen Zustand und ob es bei seiner Aufstellung im Freien bis heute überdauert hat, ist mehr als fraglich.
Präsentation der frisch restaurierten Tragkraftspritze
von Fischer-Görlitz, Baujahr 1939
Nun verfügte das DFM in den Altbeständen seines Depots über eine technisch interessante Tragkraftspritze von Fischer-Görlitz Baujahr 1939, die den heutigen Kenndaten TS 4/6 entsprechen würde. Die Besonderheit dieser TS: Sie ist bereits mit einem Kastenrahmen versehen, wie er bei vielen heutigen Geräten üblich ist. Damals war dieser Schutz des Geräts gegen Beschädigungen bei etwaigen versehentlichen "unsanften Abladevorgängen" jedoch ein exklusives Patent von Fischer. Der Hersteller warb für sein Produkt voller Stolz:
"Das doppelte Schutzrahmengestell aus nahtlos gezogenem Stahlrohr verhütet Beschädigungen des Maschinensatzes selbst beim Umschlagen der Spritze […]
Die langen Kufen mit weicher Abfederung fangen alle beim Abprotzen und während des Betriebes auftretenden nachteiligen Stöße und Erschütterungen auf."
Dieser markante "Überrollbügel" verhalf der Retterin bei den Feuerwehren zu dem Spitznamen "Rollende Johanna." Ihr charakteristisches Erscheinungsbild blieb den Tragkraftspritzen G. A. Fischers vorbehalten, bis es durch kriegsbedingte Materialeinsparungen respektive die Normierung verschwand.
Der zweizylindrige, luftgekühlte Motor wird mit einer Handkurbel angelassen. Die Luftkühlung ruft uns die meist unbeheizten Gerätehäuser ins Gedächtnis. Ohne Wasserkühlung konnte der Motor während langer Standzeiten bei Frost nicht auffrieren; ein integriertes Gebläse sorgte auch bei längerfristig hoher Belastung für ausreichende Luftzufuhr zur Motorkühlung. Das Pumpenmuseum FF Stierstadt hat die betriebsfähige Restaurierung dieser seltenen TS übernommen.
Handdruckspritzen-Fahrgestell nach der Übernahme
Als Basis hierzu diente ein eigentlich abgängiges Fahrgestell einer Handdruckspritze des Fuldaer Herstellers Paul Keil, die 1892 an die Gemeinde Margrethenhaun ausgeliefert worden war.
Dieses Fahrgestell hatte das DFM vor einigen Jahren von einem Landwirt der Region bereits in einem sehr desolaten Zustand und ohne Pumpwerk etc. übernommen. Der Vater des Landwirts hatte es über Jahrzehnte als Transportanhänger für ein Heugebläse verwendet. Genau deshalb fehlten auch die Bestandteile, welche bei einem Umbau zum Behelfs-TSA ohnehin hätten ausgebaut werden müssen.
Bernd Heil legt letzte Hand an den
sorgfältig rekonstruierten Behelfs-TSA
Bernd Heil von der FF Künzell-Bachrain macht sich nun an einen Vorgang, den man korrekt als Nachbau eines historischen Gerätes unter weitgehender Verwendung historischer Teile bezeichnen muss. Zuerst stand die umfangreiche und aufwändige fachgerechte Restaurierung des Fahrgestells an. Dabei wurde auf einer Seite des Wasserkastens die kunstvolle Beschriftung "Margrethenhaun" durch den Kirchenmaler Thomas Auel aus Eichenzell-Lütter gefestigt, ergänzt, aufgefrischt und mit einer speziellen Schutzschicht überzogen.
Das restliche Fahrgestell wurde ebenso wie die TS in der polizeigrünen Farbe der angenommenen Zeit des Umbaus (1938/39) gestrichen.
Wie einst die Feuerwehrkameraden hat Bernd Heil anschließend für den Transport der TS mit Winkelprofilen etc. eine Befestigung auf dem Wasserkasten angebracht. Der Wasserkasten selbst dient fortan zum Transport der feuerwehrtechnischen Beladung (Strahlrohre, Standrohr, Verteiler etc. etc.) und wurde deshalb mit einem Gitterrost aus Holz ausgestattet. Der freie Raum hinter der TS wurde zur Anbringung einer alten C Schlauch-Haspel genutzt. Viel Tüftelei war auch bei der Schaffung einer Aufhängevorrichtung für die Verstauung der B-Saugschläuche nötig.
Behelfs-TSA | Tragkraftspritze TS 4 ›Retterin‹, G. A. Fischer, Görlitz |
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Baujahr der Handdruckspritze: | 1892 | Baujahr: | 1938 |
Hersteller: | Paul Keil - Fulda | Motor: | Firma ILO, Typ P 2.335 2 Zylinder, 2 Takt Luftkühlung, 18 PS bei 3.000 U/min |
Umbau als Behelfs-TSA: | 1938 | Pumpe: | Zweistufige Kreiselpumpe der Firma Fischer 400 l/min bei 80 m Förderhöhe |
Rekonstruktion: | 2011 | Ansaugpumpe: | Kapselschieberpumpe |
Hersteller: | Bernd Heil - Künzell | Gewicht: | 170 kg |